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Die Akupunktur ist Teil der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), einem seit über 2000 Jahren bewährtem Behandlungssystem. Die TCM geht davon aus, dass die Lebensenergie (Qi) des Menschen entlang des Körpers in Bahnen, den sogenannten Meridianen, fließt. Auf den 12 Hauptmeridianen finden sich über 360 Akupunkturpunkte, die während der Akupunktur (lat. acus = Nadel, pungere = stechen) mit Hilfe von dünnen Nadeln stimuliert werden.

 

Das „Nadeln“ der genau definierten Akupunkturpunkte aktiviert und stärkt die körpereigenen Selbstheilungskräfte und hilft so, die Gesundheit zu erhalten bzw. Krankheiten zu lindern oder zu heilen. Die Wirkungen der Akupunktur auf den Körper sind vielschichtig. Wissenschaftlich nachgewiesen (s. u.) werden konnten z. B. eine positive Beeinflussung des Nerven-, Hormon- und Immunsystems, der Durchblutung u. v. m. Die von den Nadeln ausgehenden Nervenreize hemmen beispielsweise die Weiterleitung von Schmerzsignalen, führen zu einer vermehrten Ausschüttung körpereigener schmerzhemmender Substanzen (Endorphine), wirken mit Hilfe von ausgeschütteten Botenstoffen (Neurotransmittern) auf entfernt gelegene Organe und entspannen das Gefäßsystem, das Bindegewebe und die Muskulatur.

 

Besonders erfolgreich wird die Akupunktur auch in Kombination mit anderen chinesischen Therapieverfahren wie chinesische Arzneimitteltherapie, Moxibustion, chinesischer Ernährungstherapie, Tuina, Tai Qi und Qi Gong eingesetzt.

 

Neben der hier beschriebenen chinesischen Akupunktur mit Nadeln gibt es zahlreiche Sonderformen. Dazu zählen z. B. auf bestimmte Körperareale begrenzte Formen wie z. B. die Ohrakupunktur nach Nogier/Bahr, die japanische Akupunktur, die koreanische Handakupunktur oder die Schädelakupunktur nach Yamamoto.

 

Darüber hinaus gibt es „nadellose Varianten“ zur Stimulation von Akupunkturpunkten wie die Elektoakupunktur nach Voll (EAV), die Laserakupunktur, die Farbakupunktur, die Akupunktmassage nach Penzel, die Akupressur, Tuina oder die Moxibustion.

 

Anwendung

Eine Akupunktursitzung (ohne Diagnosezeit) dauert ca. 20 bis 30 Minuten, manchmal auch länger, bei Kindern (abhängig vom Alter) max. 20 Minuten. Der Patient sitzt oder liegt ruhig und entspannt. Es werden Einmal-Nadeln aus Stahl verwendet, die besonders dünn und fein sind. Möglich sind aber je nach Behandlungsziel auch Gold- oder Silbernadeln. Abhängig von der vorherigen, ausführlichen Diagnose (häufig Zungen- oder/und Pulsdiagnose) können pro Sitzung bis zu 15 Nadeln, in Sonderfällen auch mehr, verwendet werden. Die Anzahl der Behandlungen richtet sich ebenfalls nach der Diagnose, i. d. R. reichen ca. 10-15 Sitzungen.

 

Anwendungsbeispiele (alphabetisch)

Im Jahre 2003 veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Liste mit möglichen Indikationen:

 

Atemwegserkrankungen:

Asthma bronchiale

Bronchitis

Hyperreagibles Bronchialsystem (überreaktives Bronchialsystem

Pseudokrupp (Atemwegsentzündung bei Kindern)

Erkrankungen der Haut:

Neurodermitis

Urtikaria (Nesselsucht)

Erkrankungen des Stütz- und Bewegungssystems:

Arthralgien (Gelenkschmerz

Arthritis (entzündliche Gelenkerkrankung)

Arthrosen (degenerative Gelenkerkrankung)

BWS-Syndrom (Schmerzen in der Brustwirbelsäule)

Epikondylopathien (Tennis- oder Golferellenbogen)

Gonarthrose (Kniegelenks-Arthrose)

Gonalgie (Kniegelenksschmerzen)

HWS-Syndrom (Schmerzen in der Halswirbelsäule)

Ischialgie (Ischiasschmerzen)

Karpaltunnelsyndrom (Handwurzelschmerz durch Nervenkompression)

Koxarthrose, Koxalgie (Arthrose bzw. Schmerzen im Hüftgelenk)Lumbago („Hexenschuss“)

LWS-Syndrom (Schmerzen in der Lendenwirbelsäule)

Myofasziale Schmerzsyndrome (Muskelbinden- und Sehnenschmerz)

Periarthritis humeroscapularis (Gewebeentzündung)

Pseudoradikulärsyndrome / Radikulärsyndrome (Nervenwurzelschmerzen)

Schulter-Arm-Syndrom

Tendinopathien (Erkrankungen der Sehnen, z. B. Tennis-Ellenbogen, Achillessehnenentzündung)

Tortikollis („Schiefhals“)

Gastrointestinale Erkrankungen:

Cholezystitis (Entzündung der Gallenblase)

Colon irritabile (Reizdarm)

Colitis ulcerosa (Darmentzündung)

Gastroenteritis (infektiöse Magen-Darm-Entzündung)

Gastritis (Magenschleimhautentzündung)

Hepatitis (Leberentzündung)

Hyperemesis (übermäßiges Erbrechen)

Magen-Darm-Störungen, funktionell (Magen-Darmbeschwerden ohne organische Ursache)Morbus Crohn (Darmentzündung)

Singultus (Schluckauf)

Obstipation (Verstopfung)

Ösophagitis (Entzündung der Speiseröhre)

Ulcus duodeni (Zwölffingerdarm-Geschwür)

Ulcus ventriculi (Magengeschwür)

Akupunktur

Gynäkologische Krankheitsbilder:

Dysmenorrhoe (starke Schmerzen vor und während der Menstruation)

Fertilitätsstörungen (Fruchtbarkeitsstörungen)

Frigidität (Störungen sexuellen Empfindens)

Geburtsvorbereitung, Geburtseinleitung, Geburtserleichterung

Klimakterische Beschwerden (Wechseljahrsbeschwerden)

Laktationsstörungen (Störungen des Milchflusses bei Stillenden)

Mastopathie (Veränderungen des Brustgewebes)

Prämenstruelles Syndrom (Beschwerden vor der Menstruation)

Herz-Kreislauf-Erkrankungen:

Angina pectoris (Brustenge bei koronarer Herzerkrankung, s. u.)

Durchblutungsstörungen

Funktionelle Herzerkrankungen (Herzbeschwerden ohne organische Ursache)

Herzrhythmusstörungen

Hypertonie (Bluthochdruck)

Hypotonie (niedriger Blutdruck)

Koronare Herzerkrankungen (Erkrankungen durch Einengung oder Verschluss der Herzkranzgefäße, z. B. Herzinfarkt)

Neurologische Erkrankungen:

Fazialisparese (Lähmung des Fazialis-Gesichtsnervs)

Gesichtsschmerz, atypisch

Interkostalneuralgie (Nervenschmerzen im Zwischenrippenbereich).

Lähmungen

Migräne

Parästhesien (Missempfindungen)

Phantomschmerz

Polyneuropathie (Nervenentzündung)

Spannungskopfschmerz

Trigeminusneuralgie (Entzündung des Trigeminus-Gesichtsnervs)

Vegetative Dysfunktion (Fehlsteuerung des unbewussten Nervensystems)

Zosterneuralgie (Nervenentzündung durch Herpes Zoster)

Psychiatrische und psychosomatische Störungen und Suchterkrankungen:

Adipositas („Fettsucht“)

Bulimie (Ess-Brech-Sucht)

Depressive Verstimmungen, Depression

Entgiftungsbehandlung und Therapiebegleitung bei Suchterkrankungen

Erschöpfungszustände

Psychovegetatives Syndrom (Beschwerden durch seelisch-nervliche Fehlsteuerung, „schwaches Nervenkostüm“)

Schlafstörungen

Unruhezustände

Urologische Erkrankungen:

Cystitis (Blasenentzündung)

Enuresis nocturna (Bettnässen)

Harninkontinenz (unwillkürlicher Harnabgang)

Impotenz

Prostatitis (Entzündung der Vorsteherdrüse)

Pyelonephritis (Nierenbeckenentzündung)

Reizblase

Urogenitalbeschwerden ohne organische Ursache (funktionell)

Gegenanzeigen/Kontraindikationen, Nebenwirkungen und Risiken

Die Akupunktur ist nicht als alleinige Therapie bei schweren, ernsthaften Erkrankungen geeignet. Dennoch kann die Akupunktur häufig auch in diesen Fällen begleitend in Absprache mit dem behandelnden Heilpraktiker oder Arzt eingesetzt werden.

 

Nicht angewendet werden sollte die Akupunktur bei stark geschwächten Patienten und Kindern unter 12 Jahren; eine Ausnahme bilden spezielle Akupunkturtechniken wie z. B. die japanische Kinderakupunktur. Auch bestimmte Hauterkrankungen (z. B. Ekzeme) an den lokalen Einstichstellen, Nervenerkrankungen (z. B. Sensibilitätsstörungen), schwere psychische Erkrankungen (z. B. Psychosen) oder Epilepsie schließen i. d. R. eine Behandlung aus.

 

Eine Schwangerschaft gilt – wenn Mutter und Kind gesund sind – nicht mehr als Kontraindikation. Allerdings dürfen bestimmte hormonell wirkende oder wehenstimulierende Punkte nicht behandelt werden.

 

Im Allgemeinen treten bei sachgemäßer Anwendung kaum Nebenwirkungen auf. Bei der Verwendung von Einwegnadeln ist eine Ansteckung mit Infektionskrankheiten ausgeschlossen.

 

Menschen mit sehr niedrigem Blutdruck oder Neigung zu Kollaps sollten sicherheitshalber während der Akupunkturbehandlung – wie häufig ohnehin üblich - liegen und danach eine Weile ruhen. Der Einstich selbst kann u. U. schmerzhaft sein, minimal bluten und sich an der Einstichstelle evtl. ein Hämatom (Bluterguss) bilden.

Quelle : BDH Bund Deutscher Heilpraktiker